REGENSBURG. Kaninchen sind süß. Zu viele Kaninchen sind eine Plage. Am Ende erledigt sie sich selbst: durch Myxomatose. Die hoch ansteckende Krankheit, ausgelöst durch das Pockenvirus, grassiert gerade auf dem Gelände rund um die Uni.

Mxyxomatose bricht aus, wenn sich die Tiere zu stark vermehrt haben. „Die Infektionsrate steigt mit der Dichte des Tierbestands“, erklärt Dr. Hansjörg Wunderer, Chef des Naturkundemuseums. Bei Überpopulation sitzen die Hoppler in ihren Beuten eng aufeinander, sind ständig in Kontakt und übertragen die Viren. Gut eine Woche nach der Infektion sind die Kaninchen tot. Zuvor laufen sie noch eine Weile mit den anderen und geben die Viren weiter. Kurz vor ihrem Tod werden die Tiere orientierungslos und schwach. Gelbes Sekret verklebt ihre Augen, die Lider schwellen an.

„Eine Epidemie rafft einen großen Teil der Population dahin, mehr als die Hälfte der Tiere sterben“, so Wunderer. Ist der Bestand ausgedünnt, sinkt die Infektionsrate – und die Population erholt sich langsam wieder. Bis zur nächsten Kaninchenpest.

Jäger als Mörder beschimpft

Die Hasen-Seuche bricht alle paar Jahre aus. Wunderer: „Das erregt immer Aufsehen, wenn Tiere vor sich hingammeln. Aber viel tun lässt sich da nicht. Man kann nur die Kadaver einsammeln.“

Die Uni-Gärtner gehen seit gut einer Woche jeden Tag los, um tote Kaninchen in Säcke zu schaufeln. Eine ekelhafte Arbeit, „aber es muss sein“, sagt Roland Steinhübl. Der Liegenschaftsverwalter der Uni ärgert sich über die Tiere: Sie unterhöhlen das Gelände und jetzt beschäftigen sie seine drei Gärtner zusätzlich.

Wenn es Menschen zu gut geht, brechen Langeweile und Dekadenz aus. Wenn es Kaninchen zu gut geht, grassiert Myxomatose. Das Uni-Areal bietet phantastische Bedingungen: Lockeres Erdreich, das sich zum Graben der Höhlen anbietet, große Ungestörtheit und genug Nahrung. Steinhübl: „Wo aufgeschüttet und bepflanzt wurde, denkt man, man hätte Augenflimmern, so wimmelt es da.“

Die Gärtner der Universität schaufeln auf dem Gelände jeden Tag tote Tiere in Säcke.
„Überall, wo der Mensch eingreift, gibt es diese großen Populationen“, sagt ein Fachmann der Stadt, der laut Pressestelle ungenannt bleiben soll: „Am Westbad, am Wöhrdbad, am Lärmschutzwall der Autobahn Richtung Oberisling, an der Kleingartenanlage Weinweg.“ Nördlich der Donau treffe man kaum auf Karnickel. „Da ist die Natur noch, wie sie war.“

Die Stadt, die ihre Grünflächen an Jagdpächter vergeben hat, begann vor zwölf bis 15 Jahren, Kaninchen regelmäßig abschießen zu lassen. Die Jagd in bewohntem Gebiet ist heikel, nicht nur wegen der Gefahr einer verirrten Kugel. Die Jäger bekommen inzwischen Polizeischutz und gehen nicht mehr ohne Beamte los. „Sie werden oft aufs Übelste beschimpft“, erzählt der städtische Experte. „Die schönen Kaninchen!“ und „Ihr seid Mörder!“, erregen sich Passanten. „Dabei ist es doch besser, wir schießen die Tiere ab, als dass sie elend zugrunde gehen. Ohne Jagd hätten wir die Myxomatose alle zwei Jahre in diesem Ausmaß.“

Bei manchen Einsätzen schießen die Jäger bis zu 300 Kaninchen. Dressierte Frettchen helfen ihnen. Die abgerichteten Nager jagen die Karnickel aus dem Bau – und vor die Flinte. Die Stadtverwaltung lässt die Jagd, obwohl ganzjährig gestattet, nur von Ende Oktober bis Ende Februar zu – aus Tierschutzgründen. Denn im März kommen die ersten Jungen, so der Stadt-Mitarbeiter. „Die würden ohne Mutter hilflos verhungern.“

Quelle: mittelbayerische.de