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Thema: Enthornung von Rindern

  1. #1

    Enthornung von Rindern

    Sehr geehrte Tierärzte und Landwirte,

    als Nichtlandwirtin bin ich immer sehr interessiert daran, unter welchen Umständen unsere Lebensmittel produziert werden. Immer mehr Landwirte enthornen ihre Rinder und argumentieren mit Verletzungsgefahr bei Rangkämpfen, die bei Herdentieren eben üblich sind. Gestern ist mir aber fast die Luft weggeblieben. Der Sohn eines Biobauern erzählte, dass sie ihre Rinder selbst ohne Betäubung enthornen, weil ihnen der TA zu teuer sei. Es sei ohnehin nur ein kurzer Schmerz. Da ist man als Konsument bereit in Bio-und Bauernlädern mehr zu bezahlen als beim Diskonter und erfährt, dass die Hersteller nicht bereit sind auch mehr in ihre Tiere zu investieren um ihnen unnütze Schmerzen zu ersparen.
    Einige wissenschaftliche Untersuchungen weisen darauf hin, dass die Milchqualität von nichtenthorten Kühen auch höher sei, andere bestreiten dies wieder.
    Meine Fragen dazu: ist diese Enthornung überhaupt sinnvoll oder nur ein Trend und wieweit ist es zulässig, dass dies aus wirtschaftlichen Gründen ohne Betäubung passiert.
    Ich weiß, dass mein Beitrag eher tierschutzrechtlicher als medizinischer Natur ist , ich freue mich aber dennoch über Antworten.

    Schöne Grüße aus Oberösterreich!

  2. #2
    Tierarzt & Mitglied des Expertenteams
    Registriert seit
    26.01.2007
    Beiträge
    3

    RE: Enthornung von Rindern

    Sg.Fr.Waldschratt !
    Ich kann gut verstehen, dass Sie über die Tatsache dass Rinder von Landwirten selbst und ohne jegliche Betäubung durchführen, sehr entrüstet sind.

    Tatsache ist, dass dies nach dem neuen Tierschutzgesetz bei Kälbern bis 14 Lebenstagen mit einem dafür geeigneten Brennstab zulässig ist. Dies ist aber eine rein politische Entscheidung in der Entstehung dieses Tierschutzgesetzes gewesen und wird von uns Tierärzten nach wie vor nicht akzeptiert.

    Ich selbst habe eine Rinderpraxis und stelle fest, dass es viele Landwirte gibt, die Tiere selbst unter den oben genannten Bedingungen enthornen. Es gibt aber auch Bauern, die dies von mir als Tierarzt unter Betäubung machen lassen. Die Anzahl letzterer ist aber geringer.

    Man stelle sich beistpielsweise vor, eine Krankenkasse kommt auf die Idee und bezahlt die Betäubung zu einer Mandeloperation, bei Kindern unter sieben Lebensjahren nicht, weil Kinder angeblich den Schmerz nicht so spüren würden wie Erwachsene. So ein Szenario könnte sich keiner vorstellen, die Entrüstung darüber wäre riesengroß.
    Glauben Sie mir, es geht nur ums schnöde Geld und (Nutz-)Tiere haben eben keine wirkliche Lobby.

    Nun zum Enthornen oder Nichtenthornen an sich; Das Verletzungsrisiko für Tierbetreuer ist bei gehörnten Tieren um einiges höher als bei hornlosen. Dies geht eindeutig aus der Statistik der bäuerlichen Unfallversicherungsanstalt hervor. Schon aus diesem Grund ist es gerechtfertigt, ein Tier zu enthornen. Ein Tier braucht Hörner tatsächlich nicht unbedingt, natürlich müssen alle Tiere einer Herde, die zueinander Kontakt haben enthort sein, sonst entsteht ein einseitiger Konkurrenzdruck.

    Ich möchte weiters darauf hinweisen, dass es Rinderrassen gibt, die genetisch hornlos veranlagt sind, z.B. die Rasse Aberdeen-Angus oder Hereford-Rinder. Weiters gibt es behörnte und unbehörnte Schaf- und Ziegenrassen.Man sieht an diesen Tieren, dass Hörner durchaus entbehrliche Gebilde sind.

    Ich hoffe, mit diesem Beitrag einen guten Einblick in die Wirklichkeit der Nutztierwelt geboten zu haben.

    M.f.G. Dr.Joser Leimer

  3. #3

    RE: Enthornung von Rindern

    Sg. Hr. Dr. Leimer,
    vielen Dank für die ausführliche Antwort. Ihr Beispiel mit der Mandeloperation ist berührend und ich kann mir kaum vorstellen, dass dagegen jemand mit ruhigen Gewissen argumentieren kann.
    Leider wie Sie schreiben alles dreht sich nur ums Geld.
    Schöne Grüße!

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