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160-Kilometer-Rennen im Sattel
Für Distanzreiter ist die 160-Kilometerstrecke die Königsdistanz. Das oberste Ziel: Das Pferd muss gesund ankommen. Auch Bundestrainer Bernhard Dornsiepen schickt beim WM-Ritt in Aachen einen ganzen Betreuerstab mit auf die Strecke.
Eisborn im Sauerland. Bernhard Dornsiepen steht auf seiner hügeligen Pferdeweide und blinzelt gegen die Sonne. Kein Pferd ist zu sehen. Dornsiepen pfeift. Dann sind sie plötzlich da, drei schlaksige kleine Schimmel. Einer von ihnen folgt schließlich brav wie ein Hündchen. Schmal wirkt der Araber und ist dennoch ein echtes Laufwunder. "Wir sind gerade von einem 80-Kilometer Distanzrennen zurück. Aber der könnte jetzt schon locker 120 Kilometer gehen", sagt Bernhard Dornsiepen über seinen siebenjährigen Nachwuchsstar.
Die Leidenschaft für die lauffreudigen Araberpferde kann der Langstreckenreiter aus dem Sauerland seit Anfang 2006 als Bundestrainer der deutschen Distanzreiter weitergeben. Wenn der Mann Pferde für den Wettkampf trainiert, dann geht es manchmal auch auf die Rennbahn. "Da lassen wir sie dann mal eine Stunde galoppieren." Für die Weltreiterspiele in Aachen hat der 38-Jährige nach mehreren Trainingseinheiten den WM-Kader zusammengestellt, der ausschließlich aus Reiterinnen besteht. Und von denen ist Dornsiepen ziemlich überzeugt: "Wenn die großen Nationen patzen, schaffen wir es vielleicht aufs Treppchen."
Ritt durch drei Länder
Bei der Weltmeisterschaft müssen die Reiter in schnellstmöglicher Zeit eine Marathonstrecke von 160 Kilometern zurücklegen. In Aachen starten dabei 150 Reiter aus 50 Nationen gleichzeitig. Die Strecke führt aus der Aachener Soers heraus, durch das Dreiländereck über die Niederlande, nach Belgien und wieder zurück nach Aachen. "Die Pferde schaffen rund 15 Kilometer in der Stunde. Aber bei so vielen Startern kann es auch mal Stau auf der Strecke geben", weiß Dornsiepen, der seine Reiterinnen in kleinen Grüppchen auf den Gelände-Marathon schicken will. Das sei auch psychologisch gut fürs Pferd, wenn der tierische Kumpel in Reichweite mitlaufe.
Für die Pferde geht es aber nicht nonstop im Trab und Galopp voran. Allein sechs Tierarzt-Kontrollen müssen die Reiter beim WM-Ritt durchlaufen. In dem so genannten Vet-Gate, an dem die Reiter immer wieder vorbei kommen, überprüfen rund 20 Tierärzte während des Rittes den Gesundheitszustand der Tiere. Hier wird nach Lahmheiten geschaut, Herz, Kreislauf und Muskulatur gecheckt, nach Scheuerstellen oder Verletzungen gesucht. Stellt der Tierarzt Unregelmäßigkeiten fest, muss das Pferd aus dem Wettbewerb. "Jedes Pferd hat auf der Strecke seinen eigenen Betreuerstab", erklärt Dornsiepen. Alle sechs Kilometer warten seine Leute auch mit einer Ladung Wasser auf die Tiere, um es ihnen zum Beispiel über den Hals zu schütten. "Das kühlt und bringt den Puls runter."
Pulskühlung gehört zur Taktik
Wer als erster das Ziel erreicht, ist noch nicht zwangsweise Sieger. Nach beendetem Ritt erfolgt eine Nachuntersuchung durch den Veterinär. Innerhalb einer bestimmten Zeit muss das Pferd dem Tierarzt mit möglichst niedrigem Puls vorgestellt werden. Denn der Puls gibt Auskunft darüber, ob sich das Pferd nach Anstrengung sich erholt hat. Ein Pferd, das mit einem Pulswert von 80 ankommt und innerhalb von 5 Minuten auf 64 kommt, hat sich gut erholt. Auch ein Zeichen für gutes Training. "Ein Pferd ist wie eine Batterie, wenn der Akku leer ist, kannst du den so schnell nicht wieder aufladen." Puls runter kühlen, Muskeln massieren - auch das gehört zur Taktik der Distanzreiter.
Als Top-Favoriten gelten neben den Startern aus den Arabischen Emiraten auch die australischen Reiter und die Franzosen. "Die Franzosen züchten schon seit Jahrzehnten die besten Distanzpferde", erklärt Dornsiepen den Erfolg des Nachbarlandes. Die Emirate aber hätten neben den guten Pferden auch noch das nötige Geld. "Die kaufen einfach die Konkurrenz. Die können sich jedes Jahr zehn Champions leisten und die Reiter dazu."
Bei der WM in Aachen können die Zuschauer entweder das Treiben am VET-Gate verfolgen oder aber sich an die Rennstrecke stellen, um den WM-Startern ganz nah zu sein. "Am besten Streckenplan besorgen und ab in den Aachener Wald", rät Dornsiepen.
Quelle: sport.ard.de
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