PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : bitte um etwas mehr "psychologie"



hundundkatz
18.02.2008, 07:16
liebes expertenteam,

ich bin neu hier im forum und bemuehe mich, die forenregeln einzuhalten. allerdings erwarte ich mir auch von den experten hier im forum, dass sie ein paar punkte bei der mitwirkung bedenken moegen:
[list=1]
jemand, der sich an solch ein forum wendet, hat mit hoher wahrscheinlichkeit ein akutes problem mit seinem haustier und erhofft sich moeglichst konkreten rat. trotz ausfuehrlicher schilderung des tiers und der symptome lapidar zu antworten a la: "eine beurteilung des geschilderten falls ist hier im forum / ueber das internet nicht moeglich. wenden sie sich an ihren TA" scheint mir den sinn eines solchen forums zu verfehlen.
jemanden, der dringenden rat, und sei's mitten in der nacht sucht, am darauffolgenden morgen mit dem hinweis zu massregeln, dass man nachts nicht zur verfuegung stuende und ausserdem in einem solchen akuten fall der naechste TA aufgesucht werden sollte statt in einem IN-forum herumzusurfen, ist ebenfalls kontraproduktiv fuer so ein forum. es ist grundsaetzlich anzunehmen, dass die benutzer des forums besorgt sind um ihr tier und eben nicht ein und aus wissen und deshalb hier anfragen.
die kosten fuer tieraerztliche betreuung sind sehr unterschiedlich und teilweise enorm angestiegen. der teuerste TA ist nicht automatisch der beste. viele tierhalter - und das sind nicht die schlechtesten fuers tier - koennen sich diese kosten nur mehr mit muehe leisten. sie mit aussagen zu konfrontieren a la: "wenn man ein tier haelt, muss man eben auch die TA-kosten einkalkulieren" - und damit dem tierhalter verantwortungslosigkeit zu unterstellen, ist weder guter stil noch in vielen faellen gerchtfertigt.
insbesondere dann nicht, wenn die therapie verbunden wird mit diaetetischen anordnungen, die wiederum nur ueber den TA zu beziehendes spezialfutter beinhalten. leider wirken manche TA-praxen heutzutage mehr wie futterverkaufsstellen. es scheint einfacher zu sein, eine fix-und-fertig-diaet zu verschreiben, als mit dem tierhalter eine individuell abgestimmte diaet zu erarbeiten. diesbezuegliche hilfestellung vermisse ich auch hier.
[/list=1]
es ist schon klar, dass eine eindeutige diagnose nicht aus der ferne und ohne ein tier zu sehen gestellt werden kann. dennnoch ist von einem solchen forum, das sich darauf beruft, mehr als 60 experten als berater anzubieten, zu erwarten, dass man hier kompetenteren rat erhaelt als in einem der zahlreichen anderen haustierforen.
aus eigener erfahrung weiss ich, dass es oefters sinnvoll ist, einen TA auf eine "idee" zu bringen - bezueglich der diagnose ebenso wie bezueglich der therapie. als gut informierter tierhalter funktioniert das zusammenspiel mit dem arzt besser. und genau diese zusaetzlichen oder weiterfuehrenden informationen koennte man sich hier holen.
wie gesagt, wenn das forum auch von den experten so ernst genommen wird wie wohl von manchen benutzern.

sonst wuerde es nur zur werbeplattform fuer diverse tierartikel und die hier vertretenen tieraerzte. (wobei dieser nebeneffekt nicht als grundsaetzlich negativ verurteilt werden soll.)

mit freundlichen gruessen aus wien!

Dr.Vogel
18.02.2008, 10:51
Liebe/er "hundundkatz"!

Ich nehme Ihre Kritik durchaus ernst, darf aber zur Rechtfertigung mancher etwas sarkastisch klingender Beiträge ein paar Gedanken anbringen.

Zum ersten glaube ich, daß wir uns in diesem Forum bemühen - und es größtenteils auch schaffen - fachlich fundierte und interessante Antworten auf die verschiedensten Fragen zu geben, die allerdings nur rein theoretische Informationen enthalten können.

Ohne eigener Untersuchung eines Patienten ist es leider unmöglich - und wäre auch unseriös und gefährlich - Diagnosen zu stellen und Therapieanweisungen zu geben. Und genau aus diesem Grund ist es leider sinnlos, in einer nächtlichen Notsituation in einem Internetforum zu nachtschlafener Zeit Hilfe zu suchen - auch wenn das vielleicht einfacher und sicherlich kostengünstiger ist, als einen Tierarzt mit Bereitschaftsdienst zu suchen. Wer übernimmt die Verantwortung, wenn nach beruhigenden Worten des Forumstierarztes dann etwas Unvorhergesehenes passiert?

Als praktischer Tierarzt glaube ich auch nicht, daß es immer von Vorteil ist, wenn Tierbesitzer mit einer geballten Ladung von Internetwissen in die Sprechstunde kommen und bereits bei der Erhebung der Vorgeschichte und der Symptome eine vorgefasste Meinung haben. Wir sind auf eine möglichst unbeeinflusste Untersuchung angewiesen, unsere Patienten können uns nicht sagen, "wo´s weh tut" und die unvoreingenommenen Beobachtungen des Besitzers sind oft sehr aufschlußreich - ein "im Internet habe ich gelesen" hilft da zumeist nicht wirklich weiter!

Und die nachträglichen Recherchen und Überprüfungen von gestellten Diagnosen und Therapien in einem Forum tragen auch nicht unbedingt zum Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patientenbesitzer bei...
Schließlich möchte ich auch noch zu bedenken geben, dass wir "Experten" unsere Zeit freiwillig und unentgeltlich neben unserer beruflichen Tätigkeit - die nicht immer leicht ist - zur Verfügung stellen, manche der geposteten Fragen aber leider mehr als nur ein Kopfschütteln bei uns auslösen - da kann schon mal ein wenig Sarkasmus durchklingen... ;)

Mfg Dr. Bernd Vogel

hundundkatz
18.02.2008, 15:03
lieber herr dr. vogel,

zunaechst: hinter hundundkatz steckt eine frau. und die ist nicht ganz unerfahren in sachen mediennutzung ;)

dieses forum hier interessiert mich v.a. wegen der moeglichkeit, sachlich und fachlich fundierte argumente zu problemen zu erfahren, die im zusammenleben mit meinen tieren auftreten (- und noch auftreten koennen). auch mich stoeren in manchen haustierforen die oft sehr ''einfach" bis naiv gestrickten ansichten von tierhaltern zu solchen problemen. ich sehe daher auch IN-foren als eine form der selbsthilfegruppen: interessant, um sich vorab zu informieren, nicht aber als non-plus-ultra fuer die eigene meinungsbildung.

aehnlich wie sie argumentieren, dass ihre patienten nicht in menschlicher ausdrucksweise sagen koennen, was und wo es ihnen wehtut, so bin auch ich bei meinen tieren wesentlich unsicherer in der einschaetzung ihrer gesundheitlichen unregelmaessigkeiten als bei menschen. ich kann daher auch die faehigkeiten eines TAs schwerer einschaetzen als die eines humanmediziners.
ich habe keinen ehrgeiz, einem universitaer ausgebildeten vet.mediziner mit IN-wissen konkurrenz zu machen. ich schaue mir die quellen sehr genau an, wenn ich sie zur grundlage einer eigenen einstellung mache. und "wikipedia" ist fuer mich kein beleg fuer die richtigkeit eines arguments. aber ich habe mich mit der physis meiner haustiere eingehender beschaeftigt - z.t. nicht ganz freiwillig: ein EG-kater und eine lebershunt-huendin zwingen dazu. und mein "wissen" stammt weniger aus dem IN als aus konventionellen quellen - und auch da, wo immer moeglich, aus primaerquellen (uni-studienberichte, gespreache mit vet.med. forschern, vet.med.fachaerzten etc.).

ich habe aber auch die erfahrung gemacht, dass ein wirklich sehr alter landtierarzt mit unglaublicher ruhe und realer (nicht allzu optimistischer) einschaetzung meine huendin aus einem sehr ernsten leberkoma herausholen konnte - zu einem unfassbar guenstigen tarif, trotz sonntagseinsatzes, das nur nebenbei - und dass meine hartnaeckigkeit, die ursache fuer diesen zustand zu ergruenden, letztlich fuer die kleine lebensrettend war: obwohl sie sich binnen weniger stunden anscheinend voellig erholt hatte, bin ich zum "haus"-TA - der "anfall" hatte sich bei einem wochenendausflug ausserhalb unseres wohnortes ereignet - und habe auf einer blutuntersuchung bestanden. die lieferte dann die ersten anhaltspunkte fuer die shunt-diagnose. und als naechsten schritt habe ich jede information, die ueber diese angeborene missbildung zu bekommen war, gesammelt und dann gemeinsam mit meinen tieraerzten - letztlich waren damit dann mehrere, v.a. auch der ausgezeichnete operateur, befasst - einen ernaehrungsplan erstellt. dadurch war die huendin zum zeitpunkt der OP und die monate danach in exzellentem zustand und wurde sozusagen ein vorzeigefall fuer eine erfolgreiche shunt-OP.

uebrigens hat da eine naechtens telefonisch alarmierte TAin sich geweigert, die huendin, da noch ein welpe von 3 1/2 monaten und drastischen symptomen, anzuschauen mit dem argument, dass das ja, weil ein kleiner hund, kein notfall wie z.b. eine magendrehung sein koennte, sondern wahrscheinlich nur ein darmvirus. ich sollte mit der - zu dem zeitpunkt bereits nicht mehr ansprechbaren und orientierungslosen - huendin nach dem WE in der praxis vorsprechen...

aehnlich liegt die sache mit meinem EG-kater.

das steht im hintergrund meiner kritik, die ich gern als konstruktiv fuer dieses forum gewertet wuesste. sie koennen mir den weg zum TA nicht ersparen, wenn's drauf ankommt. aber sie koennten meinen tieren vielleicht manchmal den stress einer solchen unternehmung ersparen, wenn sie mir helfen, die lage einigermassen einschaetzen zu koennen. (dies gilt z.b. fuer meinen EG-kater, fuer den fast jeder TA-besuch ausloeser eines neuerlichen schubs ist.)

ihren ehrenamtlichen einsatz in diesem forum weiss ich durchaus zu schaetzen. und fuer ihren sarkasmus habe ich auch verstaendnis. im hinblick auf viele tierhalter mit recht spaerlichen kenntnissen der physis ihres hausgenossen allerdings fuerchte ich, dass da mancher verprellt wird. und jede frage weniger hier birgt moeglicherweise auch erhoehte gefahr fuer ein tier.

ich bin zuversichtlich, dass die messages, die wir hier ausgetauscht haben, auf beiden seiten angekommen sind.

mit freundlichen gruessen aus wien!