Bushcamper
24.09.2007, 20:49
Ausbruch der Pferdegrippe lähmt eine milliardenschwere Branche Wenn ein Pferd hustet, ächzt ganz Australien.
Ein Pferd niest, und ganz Australien wird durchgeschüttelt. Das erstmalige Auftreten von Pferdegrippe auf dem fünften Kontinent ist ein Schock für eine Nation, die Rennpferde mehr verehrt als Popstars und jede Woche Dutzende Millionen Franken auf sie wettet. ...
Es hustet ein Pferd in Eastern Creek – das ist nicht die erste Zeile einer Country-Schnulze, sondern der Beginn eines Albtraums für Australien. Das Pferd, das da hustete, war ein Zuchthengst, und in Eastern Creek, einem Stadtteil im Westen von Sydney, befindet sich eine Stallung des australischen Quarantäneamtes. Dessen Aufgabe bestünde eigentlich darin, sicherzustellen, dass nach Australien einreisende Pferde, wenn sie überhaupt husten, dies nur in Eastern Creek tun. Doch irgendwie hat es das von einem aus Japan kommenden Zuchthengst eingeschleppte Pferdegrippe-Virus über die Quarantänestation hinaus geschafft und andere Pferde angesteckt. Als das Niesen und Husten in den Centennial Park Stables nahe Sydneys prestigeträchtiger Randwick-Pferderennbahn begann, drohte sich ein Malheur grösseren Ausmasses abzuzeichnen, und als von einer Ranch im Hunter Valley nördlich von Sydney weitere Fälle gemeldet wurden, war die Katastrophe perfekt.
Eine Katastrophe ist die erstmalige Ausbreitung der hochansteckenden Krankheit für Australien in der Tat, erst noch ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt. Der Frühling ist nicht nur die Zeit, in der die besten Zuchthengste eingeflogen werden, um ihre vollblütigen Partnerinnen zu «bedienen» (wie es im hiesigen Insider-Slang heisst) und damit equestrische Spitzensportler-Dynastien zu begründen oder weiterzuführen. Sondern es ist auch die Zeit, in welcher dieser Spitzensport als solcher auch mehr als sonst gepflegt wird – etwa während des Spring Racing Carnival in und um Melbourne mit dem weltberühmten Melbourne-Cup als Höhepunkt.
Was mit dem «Rennen, das die Nation zum Stillstand bringt», dieses Jahr geschehen wird, ist vorläufig eine offene Frage. Der Melbourne-Cup, traditionellerweise ausgetragen am ersten Dienstag im November, ist zwar noch relativ weit weg, doch Trainer, Pferde und Jockeys sollten schon an den Vorbereitungen sein. Wenn auch die Grippe für die Tiere selten zum Tod führt, so ist die Erholungszeit nach durchgestandener Krankheit mit mehreren Wochen doch erheblich, ganz abgesehen vom Risiko einer längeren Leistungseinbusse und von den finanziellen Konsequenzen, die sich bei einem millionenteuren Rennpferd daraus ableiten.
Nun sind landesweit alle Pferde unter eine vorläufig 72 Stunden dauernde Quarantäne gestellt worden und dürfen den Ort, wo sie sich gerade befinden, nicht verlassen, unter Androhung von Bussen bis umgerechnet 40 000 Franken oder sogar Gefängnis für zuwiderhandelnde Besitzer. Diese strikte Massnahme ist ein verzweifelter Versuch, der weiteren Ausbreitung der Krankheit und ihrem breiteren Fussfassen zuvorzukommen. Australiens Pferdepopulation ist nämlich völlig ungeschützt. Weil dank rigoroser Einreisequarantäne Pferdegrippe bisher nie ein Thema war und man darauf vertraute, allfällige Einzelfälle isolieren zu können, wurde nie geimpft.
Kein Wettvergnügen, kein PonyreitenAuf dem Spiel steht viel. Vorab natürlich die Vollblüterzucht und der Rennbetrieb, die allein schon verantwortlich sind für Tausende Arbeitsplätze. Der Rennbetrieb musste am Wochenende bis auf weiteres vollständig eingestellt werden. Das war ein schwerer Schlag für eine Nation, die Rennpferde der Extraklasse – etwa den legendären Phar Lap oder die Stute Makybe Diva, dreimalige Gewinnerin des Melbourne-Cups – mehr verehrt als jeden Popstar. Und auch ein Akt mit finanziellen Konsequenzen: Die auf Wetten versessenen Australier bescheren den Wettbüros jede Woche Umsätze von umgerechnet 150 Millionen Franken.
Insgesamt wird das Volumen der Pferdewirtschaft Australiens auf rund 8 Milliarden Franken jährlich veranschlagt. Dabei geht es nicht nur um die Superprestige-Bereiche wie Rennen oder Vollblutzucht, sondern auch um zahllose Kleinbetriebe wie etwa den von Paul und Kathy Walton. Mit ihren Ponys klappern sie Jahrmärkte, Schulfeste und Geburtstagspartys ab, doch nun sitzen sie dort fest am Rand von Sydney, wo sie gerade waren, als die Quarantänemassnahmen proklamiert wurden. Walton fürchtet, wie er gegenüber einer Zeitung sagte, um nichts Geringeres als seine Existenz; mehr als zwei Wochen Zwangspause könne er kaum verkraften. Seit 35 Jahren sei er im Geschäft, und schlechtes Wetter sei bisher das einzige Risiko gewesen.
Quelle: nzz.ch
Ein Pferd niest, und ganz Australien wird durchgeschüttelt. Das erstmalige Auftreten von Pferdegrippe auf dem fünften Kontinent ist ein Schock für eine Nation, die Rennpferde mehr verehrt als Popstars und jede Woche Dutzende Millionen Franken auf sie wettet. ...
Es hustet ein Pferd in Eastern Creek – das ist nicht die erste Zeile einer Country-Schnulze, sondern der Beginn eines Albtraums für Australien. Das Pferd, das da hustete, war ein Zuchthengst, und in Eastern Creek, einem Stadtteil im Westen von Sydney, befindet sich eine Stallung des australischen Quarantäneamtes. Dessen Aufgabe bestünde eigentlich darin, sicherzustellen, dass nach Australien einreisende Pferde, wenn sie überhaupt husten, dies nur in Eastern Creek tun. Doch irgendwie hat es das von einem aus Japan kommenden Zuchthengst eingeschleppte Pferdegrippe-Virus über die Quarantänestation hinaus geschafft und andere Pferde angesteckt. Als das Niesen und Husten in den Centennial Park Stables nahe Sydneys prestigeträchtiger Randwick-Pferderennbahn begann, drohte sich ein Malheur grösseren Ausmasses abzuzeichnen, und als von einer Ranch im Hunter Valley nördlich von Sydney weitere Fälle gemeldet wurden, war die Katastrophe perfekt.
Eine Katastrophe ist die erstmalige Ausbreitung der hochansteckenden Krankheit für Australien in der Tat, erst noch ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt. Der Frühling ist nicht nur die Zeit, in der die besten Zuchthengste eingeflogen werden, um ihre vollblütigen Partnerinnen zu «bedienen» (wie es im hiesigen Insider-Slang heisst) und damit equestrische Spitzensportler-Dynastien zu begründen oder weiterzuführen. Sondern es ist auch die Zeit, in welcher dieser Spitzensport als solcher auch mehr als sonst gepflegt wird – etwa während des Spring Racing Carnival in und um Melbourne mit dem weltberühmten Melbourne-Cup als Höhepunkt.
Was mit dem «Rennen, das die Nation zum Stillstand bringt», dieses Jahr geschehen wird, ist vorläufig eine offene Frage. Der Melbourne-Cup, traditionellerweise ausgetragen am ersten Dienstag im November, ist zwar noch relativ weit weg, doch Trainer, Pferde und Jockeys sollten schon an den Vorbereitungen sein. Wenn auch die Grippe für die Tiere selten zum Tod führt, so ist die Erholungszeit nach durchgestandener Krankheit mit mehreren Wochen doch erheblich, ganz abgesehen vom Risiko einer längeren Leistungseinbusse und von den finanziellen Konsequenzen, die sich bei einem millionenteuren Rennpferd daraus ableiten.
Nun sind landesweit alle Pferde unter eine vorläufig 72 Stunden dauernde Quarantäne gestellt worden und dürfen den Ort, wo sie sich gerade befinden, nicht verlassen, unter Androhung von Bussen bis umgerechnet 40 000 Franken oder sogar Gefängnis für zuwiderhandelnde Besitzer. Diese strikte Massnahme ist ein verzweifelter Versuch, der weiteren Ausbreitung der Krankheit und ihrem breiteren Fussfassen zuvorzukommen. Australiens Pferdepopulation ist nämlich völlig ungeschützt. Weil dank rigoroser Einreisequarantäne Pferdegrippe bisher nie ein Thema war und man darauf vertraute, allfällige Einzelfälle isolieren zu können, wurde nie geimpft.
Kein Wettvergnügen, kein PonyreitenAuf dem Spiel steht viel. Vorab natürlich die Vollblüterzucht und der Rennbetrieb, die allein schon verantwortlich sind für Tausende Arbeitsplätze. Der Rennbetrieb musste am Wochenende bis auf weiteres vollständig eingestellt werden. Das war ein schwerer Schlag für eine Nation, die Rennpferde der Extraklasse – etwa den legendären Phar Lap oder die Stute Makybe Diva, dreimalige Gewinnerin des Melbourne-Cups – mehr verehrt als jeden Popstar. Und auch ein Akt mit finanziellen Konsequenzen: Die auf Wetten versessenen Australier bescheren den Wettbüros jede Woche Umsätze von umgerechnet 150 Millionen Franken.
Insgesamt wird das Volumen der Pferdewirtschaft Australiens auf rund 8 Milliarden Franken jährlich veranschlagt. Dabei geht es nicht nur um die Superprestige-Bereiche wie Rennen oder Vollblutzucht, sondern auch um zahllose Kleinbetriebe wie etwa den von Paul und Kathy Walton. Mit ihren Ponys klappern sie Jahrmärkte, Schulfeste und Geburtstagspartys ab, doch nun sitzen sie dort fest am Rand von Sydney, wo sie gerade waren, als die Quarantänemassnahmen proklamiert wurden. Walton fürchtet, wie er gegenüber einer Zeitung sagte, um nichts Geringeres als seine Existenz; mehr als zwei Wochen Zwangspause könne er kaum verkraften. Seit 35 Jahren sei er im Geschäft, und schlechtes Wetter sei bisher das einzige Risiko gewesen.
Quelle: nzz.ch