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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Mit Pfeil und Hormonen gegen die Koala-Schwemme



Bushcamper
05.10.2006, 09:50
Sie sind das knuffigste Maskottchen Australiens und eine echte Plage dazu. Weil Koalas eine Insel vor der Südküste kahlzufressen drohen, greifen Zoologen zu Pfeilen mit Verhütungsmitteln - anders können sie die Tiere in den Baumwipfeln sonst kaum erreichen.

Für Zoologen ist es eine Geschichte über Empfängnisverhütung, für Ökologen eine über die Folgen menschlicher Eingriffe ins natürliche Gleichgewicht. Für die Australier ist es vor allem die Geschichte ihres knuffigsten Maskottchens - des Koalas. Wissenschaftler der University of New South Wales versuchen verzweifelt, diesen faulen Kuscheltieren auf Kangaroo Island Familienplanung aufzuzwingen.

Die Insel, eine der größten vor der australischen Südküste, ächzt unter einer Population von schätzungsweise 28.000 Koalas, die sich an den jungen, zarten Eukalyptusblättern der Wälder von Kangaroo Island gütlich tun. Jeder von ihnen futtert fast ein Pfund davon täglich - obwohl die Tiere nur wenige Stunden am Tag wach sind. Geht das so weiter, werden die Koalas ihre Insel bald kahlgefressen haben.

Natürliche Feinde haben sie hier nicht, wurden sie doch erst in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts nach Kangaroo Island gebracht - von Menschen. Die wollten mit nur 18 Tieren einen geschützten Lebensraum errichten. Auf dem australischen Kontinent waren die Tiere zuvor von Felljägern und durch Abholzung nahezu ausgerottet worden.

Doch aus 18 wurden 28.000 Koalas. Wann immer Regierungsstellen die Möglichkeit ins Gespräch brachten, einen Teil der Population zu bejagen, wurden wütende Proteste laut. In Australien ist es nicht vermittelbar, die knuffigen Maskottchen gewaltsam zu dezimieren.

Prinzip bekannt von Hunden und Menschen

Daher forscht Cathy Herbert von der University of New South Wales an einer sanften Methode: der hormonellen Empfängnisverhütung. Durch Implantate, die kontinuierlich das Hormon Gonadtrophin abgeben, sollen Koala-Damen zwei Jahre lang unfruchtbar gemacht werden. Ein Test, in dem das Hormonröhrchen zwischen die Schulterblätter von Bärinnen verpflanzt wurde, verlief nach Angaben der Nachrichtenagentur AP zu 100 Prozent erfolgreich. Das ist auch nicht verwunderlich. Vergleichbare Methoden sind sowohl beim Menschen (mit anderen Hormon-Cocktails) als auch bei Haustieren wie Hunden (mit Gonadtrophin) bereits erprobt und zugelassen.

Das Experiment lässt sich aber aus praktischen Gründen nicht auf ganz Kangaroo Island anwenden: Den Zoologen fällt es zu schwer, an die Koalas heranzukommen. Einen einziges Tier aus den Baumwipfeln zu scheuchen und ihn am Boden einzufangen, kann bis zu einer Stunde dauern, sagte Forscherin Herbert. Oft halten sich die Tiere dutzende Meter über der Erde auf - auch in den stark schwankenden Wipfeln des Eukalyptusbaums.

"Jetzt entwickeln wir ein System, mit dem wir das Verhütungsmittel alle paar Jahre in den Oberschenkelmuskel der Tiere schießen können", sagte Cathy Herbert. Sie und ihre Kollegen experimentieren mit unterschiedlichen Pfeilen. Im nächsten Jahr seien sie fertig für Versuche im Feld.

Gelingen die Experimente, stellen sie die einzige gewaltfreie Option dar, die auch ökonomisch umgesetzt werden kann, um Kangaroo Island auf Dauer grün zu halten. Frühere Programme zur Umsiedlung oder Sterilisierung der hungrigen, fortpflanzungsfreudigen Koalas hatten sich als zu kostspielig und umständlich für die Praxis erwiesen.

Quelle: stx/AP