PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : MISSGLÜCKTES ZUCHTEXPERIMENT - Asia-Afrika-Löwen sollen aussterben



Bushcamper
21.09.2006, 21:40
Weil das indische Gesetz verbietet, Tiere zu töten, vegetieren 21 Löwen in einem Zoo vor sich hin. Sie sind die letzten Überlebenden eines Zuchtexperiments, bei dem Asiatische und Afrikanische Löwen miteinander gekreuzt wurden.

Die Löwen sind schwach. Lakshmi und Lajwanti schaffen nicht einmal die wenigen Schritte zum Futterplatz, seit einigen Tagen wird Lakshmi über einen Tropf mit Wasser und Glukose ernährt. "Auch wenn die Löwen sterben sollen, heißt das noch nicht, dass wir sie töten, in dem wir sie nicht behandeln", sagt Dharminder Sharma vom Chhatbir Zoos in der indischen Stadt Chandigarh, wo die beiden Löwen vor sich hinvegetieren. Tiere zu töten ist nach dem indischen Gesetz verboten. Man werde Lakshmi und Lajwanti wenigstens "in Würde" sterben lassen. Wenn es mit den beiden und 19 weiteren verbliebenen Löwen zu Ende geht, dann endet auch ein missglücktes Zuchtexperiment.

In den achtziger Jahren wurden Asiatische Löwen mit einem Paar Afrikanischer Löwen, die mit einem Zirkus umherreisten, gekreuzt - damit der Chhatbir Zoo um eine Attraktion reicher werde und die Bestände des Asiatischen Löwen gesichert würden.

Das Experiment glückte - und zugleich doch nicht, denn: Es entstand zwar eine Löwen-Mischform; die sogenannten Hybridtiere konnten auch Nachwuchs bekommen. Allerdings waren die Löwen schwach, ausgemergelt und anfällig für zahlreiche Infektionskrankheiten. Weil ihre Hinterbeine nicht stark genug waren, konnten die Tiere kaum laufen, und ihr Immunsystem war ebenfalls recht schwach. Auch Inzest unter den Mischlöwen wurde zum Problem.

Bestände erholten sich auch ohne Kreuzungsexperimente

Daraufhin sollte die Mischform der Asia-Afrika-Löwen wieder ausgerottet werden. Im Jahre 2000 wurde das Zuchtprogramm beendet; die männlichen Löwen wurden sterilisiert, damit sie keinen Nachwuchs mehr zeugen konnten. Bis zu 80 Mischlöwen gab es seinerzeit im Chhatbir Zoo, doch weil die Tierpopulation von alleine aussterben soll, schwindet sie nur langsam. Manche der Tiere gingen an Krankheiten zu Grunde, manche starben, weil andere Löwen sie verletzt hatten und die Wunden nicht heilten. Zurzeit gibt es noch 21 Mischlöwen in dem Tierpark, aber auch sie werden bald sterben.

Dabei scheint das missratene Experiment gar nicht nötig gewesen zu sein. "Es bestand und besteht keine Notwendigkeit, Löwen-Unterarten miteinander zu kreuzen, nur um deren Bestände schnell hochzuziehen", sagt Hubert Lücker, Kommissarischer Geschäftsführer des Verbands Deutscher Zoodirektoren, zu SPIEGEL ONLINE. Mitte des 20. Jahrhunderts gab es noch knapp 15 Asiatische Löwen, die auch als Indische Löwen bezeichnet werden, da sie nur in Indien vorkommen. Im Gir-Nationalpark im indischen Bundesstaat Gujarat leben zurzeit etwa 300 dieser Großkatzen.

Indische Behörden planen nächstes Zuchtprogramm

"Solange genügend Tiere von einer Unterart vorhanden sind, sollten diese untereinander gekreuzt werden, nicht mit anderen Unterarten", so Zoologe Lücker. Eine Löwin brächte je Wurf etwa vier Welpen zur Welt; wenn diese gut aufgezogen würden, dann würden sich auch die Bestände schnell erholen. Lücker hält deswegen nichts von Züchtungsexperimenten wie denen in Indien, auch wenn die Kreuzung zweier Unterarten - was Afrikanische und Asiatische Löwen von der Art Löwe sind - "technisch kein Problem ist".

"Zwei Unterarten zu kreuzen ist eh verpönt", sagt auch Gerd Nötzold, Kurator im Zoo Leipzig, zu SPIEGEL ONLINE. "Zoos als seriöse Tierhalten haben sich auf die Fahne geschrieben, nur rein zu züchten."

Das haben nun, nach der missglückten Kreuzung, auch die indischen Behörden vor: Es sollen reine Indische Löwen herangezüchtet werden. Das neue Zuchtprojekt soll aber erst beginnen, wenn die Lebensgemeinschaft aus Asia-Afrika-Hybriden im Chhatbir Zoo ausgelöscht ist.

Quelle: fba/rtr